Täglich sieht man etwas, erlebt etwas, liest etwas, hört man von etwas, das man nicht versteht. Insbesondere die Presse wirft mit ihren Artikeln oft mehr neue Fragen auf, als das sie alte Fragen beantworten.

20 Dezember 2006

Woher haben die das?

Von den Eltern!
Die Kinder heutzutage sind ja oft sehr unruhig und hippelig.
Man fragt sich wieso?
Jetzt weiß ich es, von den Eltern.
Am Freitag waren meine Frau und ich in der Thomaskirche zum Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach.
Musikalisch war alles topp.
Aber das Publikum! Irre.
Klar, es ist In ins Weihnachtsoratorium der Thomaner zu gehen. Und viele planen es seit Jahren und nutzen dann die beste Gelegenheit. Es gehen auch viele ins Weihnachtsoratorium, die sicher nicht zu den typischen Konzertbesuchern zählen. Aber so eine Unruhe im Publikum habe ich selten erlebt.
Neben mir links saß eine junge Dame, die vor Langeweile anfing Fäden aus ihrer Kunstwoll-Jacke zu zupfen. Was jedesmal ein gewisses: "zssschipp" verursachte. Nach dem ich sie deutlich angeschaut hatte, lies sie davon ab. Zumindest für die nächsten 20 Minuten.
Rechts am Gang saß eine unruhige Frau ca. 50. Die quasselte ständig mit ihrem Begleiter, krammte in ihren Taschen rum und konnte nicht stillsitzen.
Direkt hinter uns saß jemand, der die Beine nicht still halten konnte. Wenn man mal zwei Minuten kein "klack", der Schuhe ans Holz schlagend, vernommen hatte, musst man sich eigentlich Sorgen machen, ob die Person in Ohnmacht gefallen ist.
Hinten links gab es einen jungen Mann der eine Steppjacke mit Kunstfaser-Obermaterial trug, die, wenn auf einander gerieben, Quitsch-Geräusche verursachte. Da der junge Mann wohl Sportler oder so ist, zumindest war er sehr aktiv, vernahm man ständig ein "qquuiiiiisch qquuiiiisch".
Das war aber noch nicht alles. Kurz vor Ende des Konzertes, gehen zwei junge Damen durch den Mittelgang, bleiben vor einer der Seitentüren stehen. Tuscheln während der letzten Strophe miteinander, ca. 3 Meter von uns entfernt, und sammeln dann am Ausgang die Kollekte der Besucher ein. Nun werde ich der Thomasgemeinde mal eine Mail schicken, dass die doch bitte ihre Helfer darauf hinweisen, dass die während des gesamten Konzertes ihren Bappel halten sollen.
Also ich wundere mich nicht mehr über unruhige Kinder. Ist doch kein Wunder, von wem sollen die das denn auch lernen.

04 Dezember 2006

Wissenschaft bei Spiegel

Machenschaften - wie man Wissen schafft.

oder


Verspiegeltes Wissen, je nach Interessenlage.

Bei Spiegel Online gibt es immer etwas Nettes zu entdecken.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,451745,00.html
Heute ein Artikel darüber, dass Kirchgänge gesund sein sollen. Das kann für ein so Aufgeklärtes Magazin, wie es der Spiegel ist, aber nichts mit was Übersinnlichem zu tun. Denn im Artikel wird gleich festgestellt: „All dies hat allerdings nichts mit überirdischen Gründen zu tun.“ Womit es tatsächlich zu tun hat, erfährt man leider nicht. Vielleicht weiß es der Autor ja selber nicht, nur das es nichts mit überirdischen zu tun hat, das ist ja klar. Denn das kann ja nicht sein.
Anderseits möchte man dann doch Fragen, wie solche Artikel bei Spiegel Online reinkommen:
http://www.spiegel.de/unispiegel/jobundberuf/0,1518,432774,00.html

Wo sich dann folgende Sätze finden:
„Dennoch: Wer seiner Belegschaft den eigenen Schreibtisch nimmt, muss den Verlust ausgleichen. Wenn die Mitarbeiter sich an ihrem Platz nicht mehr häuslich einrichten können, müssen Büroraumplaner eine angenehme Atmosphäre schaffen, freundliche Farben nutzen, Kunstwerke aufhängen, Pflanzen aufstellen, vielleicht sogar Feng-Shui-Regeln einbeziehen.“
Ein bisschen Feng-Shui schadet keinem aufgeklärten Nachrichten Magazin.

Dafür macht der Autor sich die Mühe ein paar weitere Studien herauszusuchen.
Allerdings wird gleich klar gemacht, dass man den Studien nicht traut, denn in der Einleitung heißt es: „Studien zu möglichen positiven, heilsamen oder lebensverlängernden Einflüssen von Religion gibt es allerhand“ Auf das Mögliche kommt es an. Nicht auf das Unmögliche. Denn das Unmögliche ist bei Spiegel eben nicht möglich. Und es kann ja nicht sein, was nicht darf.
Und was soll man von solchen Aussagen zu einer Studie halten: „Der Autor ist übrigens auch ein Priester der episkopalen Kirche.“ Will der Autor uns damit sagen: „Na, da war bei der Erstellung der Studie, vielleicht mehr der Wunsch Vater des Gedanken!“
So etwas würden wir Spiegel ja nie, nie, niemals unterstellen. Aber ein kritischer Journalist muss da doch schon mal drauf hinweisen.
Worauf er nicht hinweißt ist, was an den Studien jetzt kritisch sein soll.
Dafür kommt ein Exkurs zur Statistischen Messung von Kausalzusammenhängen. Allerdings sehr allgemein, ohne Aussage, ohne Bezug zu den vorher genannten Studien. Einfach nur so. Es bleibt wieder völlig unklar, was der Autor damit sagen will.
Kurz darauf heißt es dann sehr merkwürdig: „Auch sie schien zunächst auf eine Korrelation gestoßen zu sein - oder gar auf mehr: "Die Häufigkeit religiöser Beteiligung zeigt die stärkste, konsistenteste Verbindung zum Gesundheitszustand."“
Man beachte „sie schien“! Es wird wieder erst mal in Frage gestellt. Die Antwort bleibt der Autor uns auch diesmal schuldig. Obwohl es anscheint doch einen klaren Kausalen Zusammenhang gibt. Aber das wird dem Autor nicht im Traum einfallen, so etwas zuzugeben.
Also macht er weiter wie gewohnt.


Ein weiteres Zitat: „Maselko arbeitet an der Temple University in Philadelphia und beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Religiosität und Gesundheit. Das klingt obskur. Allerdings handelt es sich bei der privaten, öffentlich bezuschussten Hochschule mitnichten um eine Kaderschmiede religiöser Rechter“
Tja, so was soll es auch geben. Leute die sich ernsthaft mit Religiosität beschäftigen und keine religiösen Rechte sind. Also wohlmöglich ganz normale Leute. Für den Autor wohl nur schwer vorstellbar. Oder warum muss er extra darauf hinweisen. Und wieso fehlt dieser Hinweis bei den anderen Studien, sind die etwa alle von religiösen Rechten erstellt worden, denen man nicht trauen kann?


Wir haben also einen Artikel zu einer Studie, der weder auf die Studie eingeht, noch irgendwelche sinnvollen Aussagen enthält, sondern nur eine Reihe von Informationen aneinander reiht und mit abwertenden Sätzen garniert. Man muss den Eindruck haben, dass der Autor keine Ahnung von der Studie hat, ja nicht einmal Ahnung von der gesamten Materie, geschweige denn Statistik, aber eins weiß er genau. Zur Kirche gehen kann nicht gesund sein. Und das muss er unbedingt rüber bringen. Und für den Fall dass jemand das noch nicht gemerkt hat, führt er noch etwas an. „Anfang August sorgte der Klimatologe Stephan Weber von der Universität Duisburg-Essen für Aufsehen. Er hatte die Luftqualität bei Gottesdiensten in einer katholischen Kirche untersucht. Er fand 220 Mikrogramm Feinstaub im Gotteshaus - die Quellen waren rußende Kerzen und Weihrauch. Die Menge der kirchlichen Abgase lagen dreimal über dem zulässigen EU-Grenzwert. Der Feinstaub sei für kranke und ältere Kirchgänger eine Gefahr, sagte Weber. Denn es ist wissenschaftlich gut belegt, dass die kleinen Partikelchen den Weg über den Jordan erheblich abkürzen können.“
Also da haben wir es doch. Zur Kirche gehen ist ungesund!
Dass die Ergebnisse der Messung von Weber nie in einem Zusammenhang mit der Gesundheit von Kirchgängern gestellt wurde, das macht ja nichts. Muss man dem dummen Leser ja nicht sagen. Das hat dann jemand anderes für den Spiegel unternommen:
http://spiegelkritik.de/2006/08/11/feinstaub-im-festtags-gottesdienst/

Nun haben wir hier also einen vermeintlich wissenschaftlich fundierten Artikel in dem schön alles in Frage gestellt wird. So soll doch Journalismus sein. Das ist es was wir vom Spiegel erwarten und keine ideologisch gefärbten Berichte. Denn der Spiegel ist ja neutral.
Ups, was haben wir den da?

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,338340,00.html
Ein hoch wissenschaftlicher Text zur Evolution, in dem alle Zweifelsfälle ausgeklammert wurden, in dem alles hinterfragt wurde, in dem Gegenthesen aufgestellt wurden. Ach ne. Ein Artikel der mal eben beweißt das es auch Blitz-Evolution gibt. (Eine Wortkreation die auch der Bildzeitung nicht hätte besser gelingen können.)
Nun bin ich kein Experte für Evolution, aber für mich wirft der Artikel mehr Fragen auf, als er beantwortet. Hier sind einige:
Wo her wussten die Schlangen, dass sie sich anpassen müssen? Schließlich haben die das über Jahrhunderte, vielleicht sogar Jahrtausende nicht gemacht. Kaum ist der Feind da, passen die sich an. Hat denen das etwa jemand gesagt?
Haben sich die Schlangen alle gleichzeitig dazu entschlossen, oder gab es regionale Schwerpunkte? Ich würde doch denken, in manchen Gegenden ist die Population erst zurück gegangen. Dann hat sich an einer Stelle die Schlange entwickelt, diese konnte sich dann durchsetzen und hat sich auf das gesamte Gebiet ausgeweitet. Gibt es darüber Beobachtungen?
Gibt es auch Schlangen die was anderes probiert haben, oder haben sich alle Schlangen gleich in die richtige Richtung entwickelt. Nach dem System „trial and error“ entwickelt sich etwas durch Mutation, ist nicht überlebensfähig und wird selektiert. Aber dann hätten sich die Schlangen ja in verschiedene Richtungen entwickeln müssen. Dafür müsste es dann ja auch Belege geben.
Aber als Aufgeklärter Spiegelautor, der von der Evolution überzeugt ist, muss man so etwas nicht mehr fragen.